Finanzen & Recht
Musik in der Mietwohnung

Musik in der Mietwohnung

Vom Begriff her ist Musik eine Kunst, und zwar die Tonkunst. Doch nicht jeder, der musiziert oder der Musik hört, ist ein Künstler. Wenn es so wäre, dann wäre das mehrgeschossige Mietwohnhaus eine Ansammlung von Musikkünstlern; denn in jeder der Wohnungen wird mehr oder weniger laut und zu ganz unterschiedlichen Zeiten musiziert beziehungsweise Musik gehört.

6 März 2016

Im weitesten Sinne wird mit der Musik eine Geräuschkulisse erzeugt, die den einen begeistert und den anderen stört, ihm buchstäblich auf die Nerven geht. Eine der wesentlichen Grundlagen für das gedeihliche Miteinander innerhalb einer Gemeinschaft ist die gegenseitige Rücksichtnahme. Je mehr Menschen je dauerhafter und enger zusammenleben, umso grösser muss das Mass an Rücksicht sein. Sie müssen miteinander auskommen können. Das ist in einem Mehrfamilienhaus besonders wichtig, in dem auf mehreren Etagen rund um die Uhr zahlreiche bis hin zu viele Mietparteien wohnen. Sie müssen miteinander leben, und zwar Tag und Nacht. Je weniger der eine vom anderen hört, umso besser. Doch ganz so geräuschlos ist die Gemeinsamkeit nicht möglich. Die einen müssen musizieren; sie müssen für den Unterricht in der Schule oder in der Musikschule ein Instrument spielen und bedienen lernen. Wer seinen Lebensunterhalt in einem Orchester verdient, der muss auch zuhause täglich proben. Und die Zugehörigkeit zu einer Schulband ist ebenfalls mit einem Musizieren verbunden. Auf der anderen Seite ist der Bewohner auch ein Musikliebhaber. Jede Generation hat ihre eigenen Vorlieben, von Pop & Beat bis hin zur Klassik. Mit einem Satz gesagt: In einem Mietshaus mit mehreren Familien treffen vielfältige, ganz unterschiedliche Musikinteressen aufeinander. Wie ist es da möglich, hier einen gemeinsamen Nenner zu finden, mit dem alle leben und zufrieden sein können?

Musik in der Mietswohnung: Die Rechtslage

Die Lösung dazu bietet der Staat mit Gesetzen und aktueller Rechtsprechung. Darüber hinaus ist der Vermieter als Eigentümer oder als Betreiber des Mietwohnhauses gefragt. Und letztendlich trägt auch das gegenseitige Rücksichtnehmen der Mieter dazu bei, damit zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten wirklich Ruhe herrscht. Zu den Rechtsgrundlagen von Amts wegen gehören die jeweils geltenden Bestimmungen in dem betreffenden Kanton sowie in der kommunalen Polizeiordnung. Die werden, auf das einzelne Mietobjekt bezogen, durch den dortigen Mietvertrag zusammen mit der dazugehörigen Hausordnung ergänzt. Eine übergreifende, ganz allgemeine Bestimmung ist in Artikel 257f Absatz 2 OR, des Obligationsrechtes im ZGB, dem Zivilgesetzbuch zu finden. Der achte OR-Titel lautet „Miete“, und der erste Abschnitt beinhaltet die allgemeinen Bestimmungen zu dem Thema. Danach „muss der Mieter einer unbeweglichen Sache auf Hausbewohner und Nachbarn Rücksicht nehmen. Verletzt der Mieter trotz schriftlicher Mahnung des Vermieters seine Pflicht zu Sorgfalt oder Rücksichtnahme weiter, so dass dem Vermieter oder den Hausbewohnern die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist, so kann der Vermieter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.“ Doch bis es so weit kommt, muss der Mieter gegen eine Vielzahl und Vielfalt von Bestimmungen verstoßen, sie also nicht eingehalten haben.

  • Üblicherweise sind wochentags, also montags bis samstags, in der Zeit von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr, zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr oder 07.00 Uhr des nächsten Morgens, sowie darüber hinaus an allen Sonn- und Feiertagen Lärmemissionen verboten.
  • In Bezug auf Musik, also sowohl Musizieren als auch Musik hören, kann örtlich eine Nachtruhe bereits ab 20.00 Uhr anstelle erst ab 22.00 Uhr gelten.
  • Grundsätzlich unzulässig sind Musizieren, Musik hören oder auch Singen bei geöffneten Fenstern, Türen sowie im Freien wie auf Balkon und Terrasse, auf den Gemeinschaftsflächen wie einem Gartensitz- oder einem Gartengrillplatz.
  • Ausserhalb dieser vorgegebenen Ruhezeiten ist sowohl das Musizieren als auch das Musik hören grundsätzlich erlaubt. Örtlich kann durch Polizeiordnung festgelegt sein, dass die Spieldauer zeitlich begrenzt ist, beispielsweise auf ein oder zwei Stunden wochentäglich.
  • Der Vermieter kann über die von ihm erlassene Hausordnung für ein „besonders ruhiges Mietwohnhaus“ sorgen, indem er für das Mietobjekt eine individuelle Tages- und Nachtruhe vorgibt, an die sich alle Mieter halten müssen. Durch Unterzeichnung des Mietvertrages sowie der dazugehörigen Hausordnung erkennen sie diese individuelle Regelung an; beispielsweise eine verlängerte Nachtruhe ab 20.00 Uhr, oder eine Tagesruhe bis um 14.00 Uhr.
  • Die Benutzung von Tonträgern wie Fernseher, Radio, Internet, CD-Player und dergleichen darf die Zimmerlautstärke nicht überschreiten. Die wird im Zweifelsfalle in Dezibel gemessen und ist auch von der Bausubstanz des Mietwohnhauses abhängig.
  • Für die Mieter ist es beruhigend zu wissen, dass der Vermieter kein „Musik-Totalverbot“ aussprechen kann, also weder zum Musizieren noch zum Musik hören.
  • Problematisch bis hin zu schwierig wird die Situation, wenn mit Instrumenten wie Pauke, Schlagzeug, Trommel oder Trompete musiziert wird. Diese insgesamt unmelodische Musik kann im Einzelfall, wie es juristisch genannt wird, die Zumutbarkeitsgrenze überschreiten. Der Musizierende ist weitgehend auf das Goodwill der Mitbewohner angewiesen und sollte es nicht überstrapazieren.

In einem Mehrfamilienhaus, in dem sowohl Stockwerkseigentümer als auch Mieter wohnen, ist die Rechtssituation zum Thema Musik um einiges schwieriger. Den Eigentümern kann über das Reglement der Stockwerkseigentümer durch einstimmigen Beschluss das Musizieren komplett untersagt werden, sofern der Beschluss in das Reglement aufgenommen wird. Davon betroffen sind jedoch nicht die Mieter in dem Mehrfamilienhaus. Ihnen kann nicht „via Hausordnung“ das Musizieren, wenn auch zu den festgelegten Tageszeiten, verboten werden. Hier müssen sich Eigentümer und Mieter als Bewohner, wie es heisst, gezwungenermassen oder notgedrungen zusammenraufen. Sie haben die Möglichkeit Ihre Situation auch direkt durch einen Juristen beurteilen zu lassen.

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Helen Itschner
6 Jahre zuvor

Das „Fernsehhören“ muss ich täglich während mehreren Stunden erdulden.(Ergebnis, Epilepsie) Ein plötzliches Krachen, irgendwann, völlig unberechenbar, auch. (Ich habe nun seit mehr als 20 Jahren Schlafstörungen). Nehme ich am Vormittag für eine Stunde meine Flöte in die Hand, wird dreingehämmert, erbarmungslos, dreckig und gemein. (Singen Bachchor habe ich aus Rücksicht aufgegen. Danke sagte niemand. Will ich mit den Nachbarn sprechen, erhalte ich kein Verständnis, sondern werde einfach mit Türeschliessend weggewiesen. Wird im Haus von Kindern gekreischt, geusse, und gelärmt, ist dies ja legitim. Ich lernte noch, dass ich nicht allein sei. Wird von den Nachbarn laut herum hantiert, muss ich dies erduldet werden. Hier ist Rücksicht nicht angesagt. So wird Zimmerlautstärke und Rücksichtnahme zum Schwammbegriff.