Bauplanung & Bauleitung
Bauskizze auf einem Tisch mit Zeichenutensilien, Sparschwein, Taschenrechner und Stift.

Die honorarberechtigte Bausumme nach SIA

Wie genau setzt sich die honorarberechtigte Bausumme nach SIA nun zusammen? Wir zeigen Ihnen, wie das Architektenhonorar in Verbindung mit der Bausumme steht.

9 Mai 2021

Die SIA-Norm 102 sieht drei verschiedene Kriterien zur Berechnung der Vergütung des Architekten vor, neben Zeitaufwand und Kosten des Baus nämlich auch den Umfang des Baus. Alternativ dürfen sich die Parteien auf ein sogenanntes Globalhonorar verständigen. Und dann ist da noch die Vergütung nach Art. 394 Abs. 3 OR, die eine sogenannte „übliche Vergütung“ vorsieht …

Ganz einfach ist die Berechnung des Architektenhonorars nicht. Der SIA, der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein, hat mit seinem eigenen Normenwerk flächendeckend angewandte Regeln für die Baukunde in der Schweiz geschaffen. Qualifizierte Fachleute überarbeiten die Normen des 1975 gegründeten Vereins fortlaufend. Wir dürfen also davon ausgehen, dass die SIA-Norm die aktuell zutreffenden Kriterien nach neuestem Stand von Technik und Kosten enthält.

Aber wie genau setzt sich die honorarberechtigte Bausumme nach SIA nun zusammen? Die honorarberechtigten Baukosten sind immer dann interessant, wenn die Vergütung des Architekten nach den Kosten des Baus berechnet werden soll. Hier wird also der finanzielle Aufwand für den Bau selbst in einen Zusammenhang mit dem Honorar des Architekten gesetzt.

Einfache Formel, komplexe Hintergründe

Der sogenannte Kostentarif ist eine vom SIA vorgeschlagene Möglichkeit, das Architektenhonorar zu berechnen. In diesem Fall richtet sich die Vergütung nach den Kosten des Baus. Artikel 7.2.2 legt dar: treffen die beteiligten Parteien keine Abrede über die Honorarabrechnung, gilt der Kostentarif bereits als vereinbart. Und der sieht die Formel Architektenhonor H = B • (p : 100) • n • (q : 100) • r zur Berechnung vor. Verständlich wird das erst, wenn wir die einzelnen Berechnungselemente erklären:

  • H bezieht sich auf das Honorar, das in Franken anzugeben ist.
  • B bezeichnet die honorarberechtigten Baukosten. Diese werden in Franken angegeben.
  • p bezeichnet den Honorar-Grundprozentsatz, den der SIA herausgibt. Nach Tarif 1998 lagen die honorarberechtigten Baukosten beispielsweise bei 250’000 Franken ohne Mehrwertsteuer, wenn der Honorargrundprozentsatz 22.4 % betrug.
  • n bezeichnet den Schwierigkeitsgrad der Bauaufgabe, der von der Baukategorie abhängt. Meist wird hier der Wert 1.0 angegeben, die Spannweite reicht jedoch von 0.7 bis 1.3. Einfachste Mehrfamilienhäuser sind bei 0.9 anzusetzen, bei gleichartigen Wohnungstypen bei 1.0, bei verschiedenartigen Wohnungstypen bei 1.1. Freistehende Ferienhäuser mit höchsten Ansprüchen können den Wert 1.2 erreichen.
  • q bezeichnet den Umfang der Architektenleistung beziehungsweise den Leistungsanteil, und zwar in Prozent bezogen auf die Gesamtleistung. Für alle Teilleistungen werden 100 % angegeben. Bis zur Baueingabe beläuft sich der Wert auf etwa 35 %.
  • r kann als Faktor der Korrektur dienen und bezieht sich auf alle übrigen Kriterien. In der Regel wird der Korrekturfaktor mit 1.0 angegeben.

Allerdings ist immer zu beachten, dass mit dem Kostentarif ausschliesslich die Grundleistungen abgegolten werden. Zusatzleistungen müssen separat berücksichtigt werden und führen zu einer höheren Vergütung.

Nicht eingeschlossen bei dieser Berechnung sind die Nebenkosten. Die sind in Art. 5.5 SIA 102 festgelegt und separat zu entschädigen. Zu den Nebenkosten gehören Dokumentationskosten, also die Kosten, die für Pläne und Modelle entstehen. Auch die Kosten für Drittleistungen, wie Expertisen und Vermessungen, sind dazuzuzählen.

Tabelle für Planung und Ausführung der Architektenleistungen

Wie genau sind nun Teilleistungen zu berechnen? Eine Tabelle hilft. Der SIA hat fünf Phasen für Planung und Ausführung festgelegt, die wiederum in Teilleistungen untergliedert sind. Und diese Teilleistungen sind nach Prozenten gewichtet im Verhältnis zur Gesamtleistung zu sehen. Erst daraus ergibt sich der oben erwähnte Leistungsanteil q.

Jede einzelne Teilleistung wiederum besteht aus Grundleistungen und Zusatzleistungen. Als Grundleistungen werden diejenigen Leistungen bezeichnet, die erforderlich sind, um den Auftrag ordnungsgemäss auszuführen. Zusatzleistungen sind, grob gesagt, alles, was dazukommt, so sich dies als sinnvoll für die Erfüllung der Aufgabe erweist. Wünscht der Auftraggeber oder die Auftraggeberin zusätzliche Leistungen, sind auch diese unter den Zusatzleistungen zu suchen.

Wichtig zu wissen: Die Zusatzleistungen sind nicht vollständig aufgeführt. Es mag also durchaus Zusatzleistungen geben, die in der Tabelle nicht zu finden sind.

So sehen die Phasen für die honorarberechtigte Bausumme nach SIA aus:

  • Strategische Planung (Teilphase Bedürfnisformulierung, Lösungsstrategien)
  • Vorstudien (Teilphase Definition des Vorhabens, Machbarkeitsstudie, Teilphase Auswahlverfahren)
  • Projektierung (Teilphase Vorprojekt mit 9 %, Teilphase Bauprojekt mit 21 %, Teilphase Bewilligungsverfahren mit 2.5 %)
  • Ausschreibung (Teilphase Ausschreibung, Offertenvergleich, Vergabeantrag mit 18 %)
  • Realisierung (Teilphase Ausführungsplanung mit 16 %, Ausführung mit 29 %, Inbetriebnahme, Abschluss mit 4.5 %)
  • Bewirtschaftung (Teilphase Betrieb, Teilphase Erhaltung)

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Honorare von Architekten und Bauplanern sind ausgenommen

Noch einmal zusammengefasst: Das Architektenhonorar wird beim Kostentarif nach den Baukosten berechnet. Dabei werden aber nicht alle Kosten, die mit der Planung und Ausführung des Baus entstehen, berücksichtigt. Honorarberechtigt sind:

Die wirklichen Kosten des ausgeführten Bauwerks gemäss Bauabrechnung…

  • nach Abzug der vertraglich vereinbarten Rabatte und Skonti
  • ohne die Honorare des Architekten und der weiteren Bauplaner
  • ohne die Kosten, die beim Erwerb von Grund und Rechten anfallen
  • ohne Finanzierungskosten
  • ohne öffentliche Gebühren
  • ohne Versicherungsprämien
  • ohne die Auslagen für Wettbewerbe und Feierlichkeiten

Änderungen besser von Anfang an in Erwägung ziehen

Es gibt also fast mehr „ohne“ als „mit“. Soweit ist klar, was honorarberechtigt ist und was nicht. Aber was passiert, wenn sich Änderungen ergeben? Pläne müssen gegebenenfalls überarbeitet, umgeworfen, neu erstellt werden. Das Architektenhonorar kann sich dann gegebenenfalls auch ändern.

Eine Möglichkeit ist, dass beide Parteien schon im Voraus eine Anpassung des Architektenhonorars im Falle später eintretender Verhältnisse vereinbaren. Das ist der übliche Weg, und in einem solchen Vertrag kann auch geregelt werden, in welchem Umfang das Architektenhonorar anzupassen ist. Gibt es diese Anpassungsregel nicht, muss im Falle eines offensichtlichen Missverhältnisses zwischen Leistung und Honorar ein Richter den Streit schlichten.

Auch eine Auflösung des Architektenvertrags vor Erbringung der Leistungen ist so eine eventuell nötige Änderung. Hat der Architekt diese Auflösung nicht zu vertreten, muss der Bauherr die erbrachten Leistungen in vollem Umfang vergüten. Kommt das Auftragsrecht zur Anwendung in Kombination mit einem Widerruf zur Unzeit, muss der Bauherr zusätzlich den entstandenen Schaden ersetzen. Weitere Anpassungen, Änderungen und deren Auswirkungen auf das Architektenhonorar können an anderer Stelle nachgelesen werden. Die Detailfragen würden den Umfang dieses kurzen Ratgebers sprengen.

Die honorarberechtigte Bausumme nach SIA ist eine Möglichkeit – es gibt andere Preismodelle

Die honorarberechtigte Bausumme nach SIA ist nur eine Möglichkeit, das Architektenhonorar zu berechnen. Und es handelt sich hierbei sicherlich nicht um die einfachste Lösung. In dem Moment, in dem Bauherren eine genaue Aufschlüsselung der Rechnung verlangen, kann es kompliziert werden. Andere Möglichkeiten der Berechnung sind möglicherweise in Abhängigkeit des genauen Projekts einfacher zu vermitteln.

Gesamtpreisvertrag, Einheitspreisvertrag, Zirkapreis und Referenzpreis sowie Nutzpreis: alles möglich

Was Architekt und Bauherr miteinander aushandeln, ist letztlich deren Sache, um es vereinfacht auszudrücken. Zahlreiche verschiedene Möglichkeiten, ein Architektenhonorar nach üblichen und transparenten Verfahren zu entwickeln, gibt es durchaus:

  • Der Gesamtpreisvertrag sieht vor, dass sich die vereinbarte Vergütung exklusiv nach Pauschalpreisen oder nach Globalpreisen berechnet. Pauschalpreise bedeutet hier, dass es keine Teuerungsabrechnung gibt. Globalpreise sehen eine Teuerungsabrechnung vor. Die Leistungsumschreibung legt den geschuldeten Leistungsumfang fest.
  • Der Einheitspreisvertrag sieht vor, dass für alle oder Teile der Leistungen Einheitspreise zu entrichten sind.
  • Der Zirkapreis wird oft auch als Kostendach bezeichnet: Hier ist ein Preisrahmen mit Ober- und Untergrenze festgelegt, in dem sich das finale Honorar bewegen wird.
  • Als Kostendach wird auch der vereinbarte Höchstpreis genannt, der ähnlich wie der Zirkapreis funktioniert.
  • Möglich ist ausserdem ein Nutzpreis.

Das Architektenhonorar bewegt sich jedoch immer zwischen Zeitaufwand (Stundensätze) und Sachwert. Das sind übliche Vereinbarungen:

  • Pauschalhonorar (wird im Voraus ohne Rücksicht auf den tatsächlich final nötigen Arbeitsaufwand bestimmt)
  • Zeithonorar (Honorar wird nach Zeitaufwand des Architekten und der Angestellten berechnet, die jeweiligen Stundensätze sind festzusetzen)
  • Prozenthonorar (Vergütung berechnet sich nach Prozent des Interessenwerts, also der Bausumme oder des Bauwerts)

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Vertrag für Architekturleistungen nach SIA 102 erstellen

Der SIA hat mit SIA 102 eine Ordnung für Leistungen und Honorare für Architekten und Architektinnen erstellt. Die Ordnung muss allerdings noch in einen Vertrag umgesetzt werden, der den Bauherren vorgelegt wird. Diese Mühe muss sich niemand selbst machen. Denn so, wie es für die honorarberechtigte Bausumme nach SIA eine einfache Formel zur Berechnung gibt, gibt es auch Musterverträge, die aus dem Internet geladen werden können.

Diese Musterverträge müssen nur noch individuell angepasst werden. Am Ende ist also auch bei der honorarberechtigten Bausumme nach SIA alles gar nicht so schwierig, wie es den Anschein hat. Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein mit seinen qualifizierten Fachleuten aus Bau, Technik, Industrie und Umwelt stellt als Netzwerk alle relevanten Informationen zur Verfügung.

Artikelbild: © gioiak2 / 123rf.de

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