Gebäude & Energie
Vergleich zwischen Erdsonden und Erdkollektoren

Geothermie – Wärme aus der Erde

Der Begriff Geothermie bezeichnet sowohl die wissenschaftliche Untersuchung als auch die ingenieurtechnische Nutzung des Phänomens Erdwärme. Neben grosstechnischen Anwendungen wie geothermischen Kraftwerken gibt es auch für Privathaushalte Möglichkeiten zur Nutzung. Zum Beispiel in Form einer Erdwärmepumpe für die Heizung. 

13 November 2018

Dass in unserer Erde Wärme gespeichert ist, merkt man zum Beispiel in einem Bergwerk. Je tiefer man kommt, desto mehr steigt die Temperatur an. In den tieferen Schichten der Erde stammt die Wärme aus den ablaufenden geophysikalischen Prozessen wie dem anhaltenden radioaktiven Zerfall von langlebigen Nukliden und dem herrschenden hohen Druck. Ein Teil des Erdinneren ist daher sehr heiss und flüssig, was man eindrucksvoll bei einem Vulkanausbruch mit Magmaauswurf sehen kann. Auch Heisswassergeysire und warme Quellen sind ein Ausdruck dieser Bedingungen im Erdinneren.

Allerdings sind wir mit den aktuellen technischen Möglichkeiten gar nicht in der Lage, wirklich tief in die Erde einzudringen. Die tiefsten wissenschaftlichen Bohrungen, die bisher vorgenommen wurden, endeten in Tiefen von ca. 9 km (Windischeschenbach/Oberpfalz) und ca. 12 km (Halbinsel Kola/Russland). In diesen Tiefen bewegen wir uns immer noch in der obersten Schicht, der Erdkruste.

Je weiter man sich in der Erdkruste nach oben zur Erdoberfläche bewegt, desto mehr stammt die im Boden gespeicherte Wärme von der Sonnenstrahlung. In unseren Breiten herrscht knapp unterhalb der Frostgrenze, das ist etwa in 1 m Tiefe, über das gesamte Jahr eine relativ gleichbleibende Temperatur zwischen etwa 7 und 12 °C. Das reicht für den Betrieb einer Wärmepumpe völlig aus. Aber zunächst wollen wir uns noch einen Überblick über die grosstechnische Nutzung der Geothermie verschaffen.

Die direkte Nutzung von Erdwärme zur Heizung und für Bäder war schon im Altertum bekannt. Dabei wurde einfach das Wasser aus heissen Quellen genutzt. Bekannt sind die römischen Bäder, die vielfach bei archäologischen Ausgrabungen gefunden wurden.

Für die Stromerzeugung mithilfe der Geothermie werden weltweit vor allem heisse Grundwasserseen genutzt, die besonders in Gegenden mit früherer oder immer noch andauernder Vulkantätigkeit gefunden werden. Die Temperaturen können mehrere hundert Grad betragen und dabei kann das Wasser auch als heisser Dampf zutage treten. Damit werden Turbinen zur Stromerzeugung angetrieben. Gleichzeitig kann der Dampf zur Industriedampferzeugung sowie für Nah- und Fernwärmenetze genutzt werden. Eine solche Anlage wird zum Beispiel vom italienischen Stromversorger ENEL in Larderello betrieben.

In Gegenden ohne eine vulkaische Tätigkeit können die notwendigen Temperaturen durch tiefe Bohrungen erreicht werden. Meist werden diese Systeme zur Warmwasserversorgung bzw. Heizung genutzt, weil dabei bereits geringere Temperaturen zur Erreichung der Wirtschaftlichkeit ausreichen. Ein derartiges Projekt wird in Deutschland zur Zeit in Bad Urach erprobt.

Eine besondere Form der Nutzung sind tiefe Wärmesonden. Dazu wird nur eine Bohrung benötigt, die allerdings teilweise deutlich mehr als 1000 m Tiefe erreichen müssen, um das benötigte Wärmeniveau zu erreichen. In das Bohrloch wird ein Rohr eingeführt, in dessen Inneren ein zweites Rohr platziert ist. In dem Raum zwischen äusserem und innerem Rohr wird Wasser heruntergedrückt, das sich über die Oberfläche des äusseren Rohres erwärmt. Das warme Wasser wird dann im inneren Rohr an die Erdoberfläche gepumpt und die aufgenommene Wärme kann genutzt werden.

Darüber hinaus ist auch warmes Wasser verwendbar, das aus Tunnelbauten und Bergwerken austritt. Bereits 1979 wurde eine solche Anlage am Südportal des Gotthard-Strassentunnels in der Schweiz in Betrieb genommen. Durch sie wird der Autobahnwerkhof von Airolo mit Wärme und Kälte versorgt.

Trotz der positiven Aspekte birgt insbesondere die tiefe Geothermie auch Gefahren. Unter anderem sind in Deutschland in der Nähe von geothermischen Kraftwerken und Sondentiefbohrungen mehrfach Erdbeben aufgetreten, die einige Schaden verursacht haben. Das betrifft zum Beispiel die Anlagen in Landau in der Pfalz sowie Potzham und Poing bei München. Neben den Erdbeben führten Bohrungen aber auch zu Geländeabsenkungen samt Gebäudeschäden und zum starken Absacken des Grundwasserspiegels, weil das Grundwasser durch die Bohrung in tiefere Gesteinsschichten abfliessen konnte.

Weniger problematisch ist die oberflächennahe Geothermie, die für Privatanwender interessant ist. Dabei handelt es sich meist um die schon erwähnte Erdwärmepumpe für die Beheizung von Häusern. Man spricht deshalb auch von einer Erdwärmeheizung. Bei dieser Geothermie wird die Erdwärme entweder durch ein Kollektorsystem knapp unterhalb der Frostgrenze im Boden oder durch Sondenbohrungen aus dem Grundwasser entnommen. Bei den Kollektoren handelt es sich um eine mäanderförmig verlegte Rohrschlange im Erdreich, in der Wasser oder ein noch besser als Wärmeträger geeignetes Fluid zirkuliert. Die dabei aufgenommene Erdwärme wird über einen Wärmetauscher an die eigentliche Wärmepumpe abgegeben und dort auf ein für die Heizung notwendiges Temperaturniveau gebracht.

Über die Sonden wird Grundwasser aus einer Tiefe von bis zu 90 m entnommen. Das Wasser hat meist eine etwas höhere Temperatur, als über die Erdwärmekollektoren aufgenommen werden kann. Dieses Wasser wird ebenfalls über einen Wärmetauscher der Wärmepumpe geleitet und dann über eine zweite Bohrung wieder dem Grundwasserreservoir zugeführt.

Obwohl diese Anwendungen weit weniger in die Geologie eingreifen als die tiefe Geothermie, sind sie von der Wasser- und Bergrechtgesetzgebung betroffen und bedürfen der Genehmigung durch die entsprechenden Stellen. Landschafts- und Gebäudeschäden sind jedoch nicht zu erwarten. Und sie tragen zum Umweltschutz bei, weil dadurch weniger fossile Brennstoffe benötigt werden.

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