Finanzen & Recht
Nutzniessung oder Wohnrecht

Nutzniessung vs. Wohnrecht – was ist besser?

Spätestens mit fortschreitendem Alter oder gar einer einhergehenden Gebrechlichkeit stehen viele Eigenheimbesitzer vor der Frage, wie es mit ihrer Immobilie weitergehen soll. 

19 Dezember 2018

Nutzniessung und Wohnrecht auf Lebenszeit sind zwei Möglichkeiten, um bereits frühzeitig die Abtretung des Immobilieneigentums an die Kinder zu regeln – gleichzeitig aber gut abgesichert weiter in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben zu können. Doch was unterscheidet diese sogenannten «Dienstbarkeiten» und welche Regelung ist für wen empfehlenswert?

Niemand wünscht es sich, doch manchmal gibt es keinen anderen Ausweg: Die Eltern müssen in ein Alters- oder Pflegeheim, die hohen Kosten dafür erzwingen den bitteren Verkauf des hart ersparten Eigenheims. Um dies zu vermeiden und einen geregelten Besitzübergang an den eigenen Nachwuchs noch vor dem Eintreten dieser Schattenseiten des Lebens zu ermöglichen, erlaubt der Gesetzgeber zwei Optionen: die Nutzniessung und das Wohnrecht. Beide Regelungen unterscheiden sich auf den ersten Blick nur marginal. Betrachtet man aber die Einzelheiten genauer, so hat jede dieser Optionen ihre Vor- und Nachteile.

Drei Grundsätze gelten allerdings für beide: In der Regel helfen sie erheblich dabei, Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer zu sparen, einen möglichen finanziellen Verlust im Alter zu vermeiden und unklare oder sorgenvolle Erbschaftsstreitigkeiten bereits frühzeitig auszuräumen.

Nutzniessung vs. Wohnrecht – was ist der Unterschied?

Wohnen:

Die Nutzniessung erlaubt es den Eltern, den vollen Nutzen aus dem Grundeigentum zu ziehen. Dies bedeutet, dass sie selbst darin wohnen können, aber auch die Freiheit haben, es an Dritte zu vermieten. Sie entscheiden selbst darüber, wie das Haus verwaltet und bewirtschaftet wird. Im Gegensatz dazu sind die Rechte beim Wohnrecht eingeschränkt: Sie umfassen nur das Wohnen der Eltern im Gebäude oder des definierten Gebäudeteils, alle anderen Entschlüsse treffen die Kinder. Umgestaltungen oder gar Umbauten durch die Eltern sind bei beiden Regelungen nicht zulässig und liegen im Zuständigkeitsbereich der Nachfahren.

Finanzielles:

Auch in finanziellen Angelegenheiten bietet ein Nutzniessungsvertrag umfangreichere Rechte für die Eltern als das Wohnrecht. Nutzniesser können die Immobilie vermieten und die Erträge für sich behalten. Da beim Wohnrecht das Vermieten nicht erlaubt ist, entfällt diese Möglichkeit komplett.

Pflichten:

Nutzniesser haben dafür aber auch umfangreichere Pflichten: Sie tragen die Kosten für den gewöhnlichen Unterhalt (kleine Reparaturen), die Bewirtschaftung, Verwaltung, Versicherungsprämien und sonstige Gebühren und Steuern. Ebenso tragen sie allfällige Hypothekarzinsen. Mit einem Wohnrecht auf Lebenszeit ausgestattete Personen müssen nur für den gewöhnlichen Unterhalt aufkommen. Bei Schäden über den ordnungsgemässen Gebrauch hinaus haften in beiden Fällen die Verursacher.

Ein Vorteil der beiden Dienstbarkeiten: Steuern sparen!

Der Wert einer mit Dienstbarkeiten «belasteten» Immobilie sinkt, daher reduziert sich in beiden Fällen eine allfällige und kantonal unterschiedlich hohe Schenkungssteuer.
Im Gegensatz dazu machen sich beide Dienstbarkeiten in der jährlichen Steuererklärung sowohl der Eltern als auch der Kinder in der Regel nur unwesentlich bemerkbar.

Nutzniessung vs. Wohnrecht– eine Individualentscheidung

Welche der beiden Dienstbarkeiten besser geeignet ist, ist eine Einzelfallentscheidung und von vielen Faktoren abhängig. Tendenziell kann man aber sagen, dass sich ein Wohnrecht auf Lebenszeit vor allem dann eignet, wenn die Eltern möglichst wenig mit dem Haus und dessen Verwaltung zu tun haben möchten und alles in die Hände der Kinder abgeben wollen. Sollten die Eltern aktiv und flexibel Entscheidungen treffen wollen, eignet sich die Nutzniessung besser, da sie unter anderem immer die Möglichkeit der Vermietung vorhält. Wichtig ist dies vor allem, falls es zu einer längeren Pflegebedürftigkeit kommt und die Eltern nicht von ihrem Verzichtsrecht Gebrauch machen. In diesem Fall kann es durch einen Wohnrechtsvertrag zu einem lang andauernden und für die Kinder kostspieligen Leerstand kommen, da sie den mit dieser Dienstbarkeit belegten Teil der Immobilie nicht anfassen dürfen. Besteht ein Vertrag über die Nutzniessung, so haben die Eltern die Möglichkeit, die Immobilie zu vermieten und so zu Einkünften zu kommen.

Individuelle Vertragsbetreuung ist essentiell

Ein Muss ist eine seriöse und einwandfreie Betreuung durch einen Fachmann, der bedachtsam und unter Abwägung aller Faktoren auf die individuellen Bedürfnisse und Sorgen aller Vertragsparteien eingeht und so einen massgeschnittenen Vertrag aufsetzen kann. Da es sich um eine öffentliche Urkunde handelt, wird meist ein Notar eingeschaltet, der auch die obligatorische Eintragung in das Grundbuch veranlasst.

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