Gebäude & Energie
Moderner Ofen mit Vollverglasung.

Ratgeber zu Ofen und Kamin

Wir haben einem renommierten Schweizer Ofenbauer die wichtigsten Fragen zum Thema Ofen für Zuhause gestellt. Lesen Sie hier, welche Tipps der Experte für Sie hat!

27 September 2019

Für viele Schweizer gibt es nichts Schöneres, als nach einem anstrengend Tag den Abend im behaglichen Wohnzimmer mit einem Glas Wein vor dem Kaminfeuer ausklingen zu lassen. Doch wie viel kostet ein hochwertiger Ofen? Und wie sieht es mit dessen Heizleistung aus? Diese Fragen und mehr haben wir einem professionellen Ofenbauer gestellt.

Welche Art von Ofen ist die richtige Wahl für einen Privathaushalt?

Es gibt zwei Kundengruppen: Diejenigen, welche heizen wollen mit ihrem Feuer und diejenigen, welche sich primär Ambiente schaffen wollen mit dem Feuer.

Tatsache ist, Holz gibt beim Verbrennen Wärme ab, ob wir das wollen oder nicht. Ein 33cm Holzscheit hat eine Labor-Wärmeleistung von 4000W oder 67 Glühbirnen je 60W. So ist es auch mit anderen Brennstoffen, egal ob Sie Ethanol oder spezielle Pasten oder Flüssigkeiten verwenden – sie geben immer Wärme ab. Natürlich haben wir je nach Brennstoff unterschiedliche
Leistungen. Zudem ist es so, dass jeder Brennstoff Sauerstoff benötigt, um überhaupt brennen
zu können und, ganz wichtig: Jeder Brennstoff erzeugt beim Verbrennen Abgase, auch
Bioethanol, auch Pasten. Insofern ist die BAFU Empfehlung ernst zu nehmen. Wir sprechen
bei einer Brennerlänge von 30cm bereits von 2KW Leistung.

Versuche ich Kunden zu beraten, welche sich in den Kopf gesetzt haben, einen Kaminofen oder Schwedenofen zu kaufen, sagen diese mir, dass sie nicht heizen wollen mit dem Ofen, sie wollen den Ofen blos für das Ambiente nutzen. Meine fachlichen Argumente, weshalb der Kaminofen bzw. Schwedenofen eine Heizmaschine ist, überhören die geschätzten Kunden. Sie können sich das nicht vorstellen. Die Berater vom Baumarkt haben meine Fachkenntnisse nicht, Sie haben primär die Aufgabe, gut über die Produkte vom Baumarkt zu sprechen, welche Ihre Einkäufer beschaffen.

Wie hoch ist denn die Wärmeleistung eines Kaminofens oder Schwedenofens konkret?

Ein schönes Feuer erzeugt man üblicherweise nicht mit einem Stück Scheitholz, es braucht 4-6 Stücke Scheitholz. Eingangs erwähnt habe ich, dass ein Stück Scheitholz eine Labor-Wärmeleistung von 4000W hat. Bei einem Ofen-Wirkungsgrad von ca. 80–85% Prozent sind das 3200W, die ein Stück Scheitholz abgibt, multipliziert mit 6 Stück für ein schönes Feuer sind das 19’200 Watt oder 320 Stück 60-Watt Glühbirnen.

Ein Kaminofen/Schwedenofen wird mit einer Holzaufgabemenge „X“ in einem Prüfinstitut geprüft. Der Hersteller gibt an, wie viel Holz in seinem Ofen verbrannt werden soll. Die Herstellerangabe muss nicht praxistauglich sein. Es ist mit Leichtigkeit machbar, dass Sie in einem 5KW Ofen sechs Holzscheite verbrennen. Die Rechnung, denke ich, haben Sie oben verstanden? Insofern können Sie sich nicht auf die Leistungsangabe auf dem Ofen verlassen. Die Leistung des Ofens bestimmen Sie mit der Holzmenge, die Sie verbrennen.

Eine moderne Wohnung mit ca. 100m2 Wohnfläche hat einen Wärmebedarf von ca. 2200W pro Stunde. Es ist also selbsterklärend, dass Sie mit einem Kaminofen Ihre eigenen vier Wände sinnlos überheizen.

Gibt es eine Lösung, um das Überheizen zu verhindern?

Als Fachmann – ich übe meinen Beruf seit 26 Jahren mit Leidenschaft aus – kann man dem Überheizen nur mit keramischen Nachheizzügen (Rauchgaszügen), sprich purer Masse, zu Leibe rücken. Als Ofenbauer berechnen wir die Öfen auf eine Wärmeabgabe von 12 Stunden. Mit der obigen Rechnung bedeutet das, dass 6 Stk. Holzscheite auf einmal abgebrannt werden und in einem solchen Speicherofen dann über 12 Stunden Wärme abgeben. Diese Rechnung lautet so: 6 Stk. Holzscheite mal 3200W/Stk. ergibt 19’200W dividiert mit 12h Wärmeabgabezeit erhalten wir 1600 Watt pro Stunde.

1600W oder 1.6KW pro Stunde ist weniger als der Wärmebedarf einer modernen Wohnung und somit die Lösung für all jene Kundinnen und Kunden, welche trotz Minergie-/Passivhaus-Standart auf ein Wohnraumfeuer nicht verzichten wollen. Wenn Sie dann Lust haben, Holz nachzulegen oder morgens und abends zu feuern, so können Sie das problemlos tun.

Zudem finden Sie mit grosser Sicherheit keinen Kaminofen/Schwedenofen, der unter 3KW Leistung abgibt. Wenn Sie die obige Rechnung verstanden haben, wissen Sie warum. Und wenn Sie jetzt denken, dass ein Speicherofen primär Platz frisst, dann muss ich Ihnen widersprechen. Ein Speicherofen, der nur noch 1.6KW pro Stunde abgibt, hat auf deutlich weniger als einem Quadratmeter Platz. Auch das Feuer sehen Sie durch eine grosse doppelverglaste Panoramatüre bestens.

Wir Ofenbauer bieten auch Ganzhausheizungen an in Kombination mit Sonnenenergie und anderen Heizquellen. Im Zentrum solcher Heizungen steht immer ein isolierter Wassertank, der „Speicher“. Dieser umfasst meistens um ca. 1000 Liter, muss aber auf die Anlage abgestimmt werden.

In diesen Speicher wird von allen Wärmeproduzenten, wie Speicherofen, Öl– und Gasheizung, Wärmepumpe und Solarthermie eingespiesen. Von diesem Speicher wird das Brauchwasser zum Duschen abgezapft und das Heizungswasser für Wand – und Bodenheizungen. Es gibt relativ einfache wasserführende Kaminöfen, wasserführende Pelletöfen bis zu grossen Speicheröfen Stubenkesseln mit einer Leistung von bis zu 40KW.

Wasserführende Kachel/Speicheröfen sind keineswegs neu, es gibt eine schöne Anzahl an alten Öfen nach den Systemen Burkart und Hablützel (Waldwirtschaftskessel). Meistens sind diese Heizsysteme auf Hydraulikseite nach Schwerkraft installiert. Heisst: Das Wasser zirkuliert ohne Pumpe in deutlich grösseren Rohrdurchmessern als wir es heute kennen.

Das Design dieser Heizsysteme ist zwar nicht ansprechend, dafür sehr nachhaltig und kann repariert oder mit dem gleichen System ersetzt werden. Dank der modernen Gebäudetechnik stellt sich heute nicht mehr die Frage, ob ein Speicherofen in der Lage ist, ein Haus zu beheizen. Es stellt sich vielmehr die Frage nach dem Wasserverbrauch. Eine vierköpfige Familie mit Jugendlichen benötigt zweimal am Tag einen vollen Speicher zum Duschen. Die Aufbereitung dieses Wassers ist die vorrangige Aufgabe des Stubenkessels, das Haus beheizt er quasi nebenher.

Insbesondere für Mietwohnungen ohne Kamin oder für Eigentumswohnungen ohne Kamin bietet sich auch das Effektfeuer an. Am schönsten empfinde ich die Geräte mit Licht und Wasserdampf. An ein echtes Feuer kommen die Geräte nie heran, aber es ist ein „Fake“ der fasziniert. Der grosse Vorteil dieser Geräte ist, Sie geben definitiv kaum Wärme ab und befeuchten zudem den Raum. Es sind Standardgeräte aber auch Spezialanfertigungen erhältlich.

Wie viel kostet ein solcher Ofen und wie lange kann man ihn nutzen?

Ein solcher Ofen hat im Grunde eine viel zu lange Lebensdauer! Wir schaden damit fast ein bisschen unserem Beruf. Vom schweizerischen Ingenieur und Architektenverein SIA sind wir Ofenbauer zu einer mehrjährigen Garantieleistung verpflichtet. Die allermeisten handwerklich erstellten Öfen halten dann auch mindestens zwei Generationen, natürlich begleitet durch die eine oder andere kleine Reparatur.

Weil wir in einer Dienstleistungsgesellschaft leben, ist heute immer weniger Menschen klar, dass solides, Generationen überdauerndes Handwerk mehr kostet als ein in Serie zu zehntausenden an Stückzahlen hergestelltes Produkt. Das Budget für einen einfachen, individuellen Speicherofen ist bei etwa Fr. 20’000.- inkl. Verbrennungsluftzufuhr und Abgasanlage.

Ein wasserführender Ofen mit sämtlicher Technik ist eine Zentralheizung in sich und kostet im Bereich von Fr. 40 000 bis Fr. 60 000.-.

Es wird heute relativ viel geleast oder auf Kredit gekauft. Ich schlage deshalb vor, bei dieser Investition folgende Rechnung zu machen: Fr. 20’000 Investition für den Ofen dividiert durch 240 Monate (20 Jahre) ergibt Fr. 83.33.

Haben Sie noch weitere Anmerkungen, die für unsere Leser interessant sein können?

Noch ein kurzer Exkurs zum Thema Wirkungsgrad: Ein Ofen, der nach dem Naturzug-Prinzip – sprich Kaminkraft (Pascal) – funktioniert, braucht eine Restenergie des Ofens, damit seine Abgasanlage auch unter widrigsten Witterungsbedingungen funktionieren kann. Ein handwerklich erstellter Speicherofen ist im Bereich von 80- 85% Wirkungsgrad.

Ist ein Wirkungsgrad zu hoch, kommen bei einer langen Kaminanlage die Abgase nicht mehr bei der Mündung an, der Ofen funktioniert kaum und benötigt eine Hilfe – sprich einen Ventilator – bis genug Kaminkraft vorhanden ist. Diese Herausforderung ist nicht so gravierend bei stückholzbefeuerten Kaminöfen, eklatant ist die Herausforderung bei Pelletöfen.

Bei Pelletöfen sind die Temperaturen bereits extrem tief, oft unter 120°C. die Abgase werden durch einen Ventilator zwangsausgestossen. Bei einem nicht sanierten Kamin oder sehr langem Kamin, ist an der Mündung von einem Pelletofen nichts mehr zu spüren. Gefahren sind Kondensierung, Versottung, Pechbildung. Ich frage mich dann immer, wie ein Wirkungsgrad eines Pelletofens von über 90% zustande kommen kann, wenn dieser für den Ausstoss der Abgase elektrische Energie braucht.

Mit freundlicher Empfehlung,

Philipp Tinner

eidg. dipl. Ofenbauer und Inhaber der FeuerWerkstatt Swiss GmbH


Philipp Tinner ist ein renommierter Ofenbauer und übt seinen Beruf schon mehrere Jahrzehnte mit grosser Passion aus. Sicherheit und Nachhaltigkeit sind der Grundstein dieser Philosophie, weshalb Herr Tinner vor allem in den Bereichen Minergie/Passivhaus und Brandschutz über grosses Wissen verfügt. Mit seinem Unternehmen FeuerWerkstatt entwirft und baut er schon seit 26 Jahren Cheminées, Speicher- und Kachelöfen sowie Ganzhausheizungen und Aussenküchen zu einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Artikelbild © Feuerwerkstatt.ch

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