Bauplanung & Bauleitung
Einfamilienhaus im Bau.

Haus bauen ohne Architekt – ist das möglich?

Ein Haus bauen ohne Architekt ist prinzipiell möglich, allerdings nur, wenn die Bauherrschaft mit einem Generalunternehmer baut - das ist juristisch unumgänglich. Hier erfahren Sie alles über die Vor- und Nachteile.

24 Juni 2021

Der Generalunternehmer muss den Bauantrag einreichen, wofür es einer Berechtigung bedarf. Ansonsten hätte diese Berechtigung auch ein beauftragtes Architekturbüro. Abgesehen von dieser juristischen Frage muss die Bauherrschaft überlegen, ob sie wirklich auf die Fachkompetenz eines Architekten verzichten möchte und was das auf der Kostenseite bringt.

Bauen ohne Architekt: Was steckt dahinter?

Es geht hierbei immer um die Kosten. Allerdings spielt auch die Grösse des Bauvorhabens eine entscheidende Rolle. Wer ein Eigenheim oder gar ein Mehrfamilienhaus oder Gewerbegebäude errichten lässt, beauftragt für dessen Planung praktisch immer ein Architekturbüro, denn ein Laie kann so etwas nicht selbst entwerfen.

Bei kleineren Bauprojekten jedoch verzichtet die Bauherrschaft manchmal auf den Beizug des Architekten, wenn sie genehmigungsfrei möglich sind bzw. ein Unternehmer die Genehmigungen beantragt. Es kann dabei unter anderem um einen Umbau oder eine Sanierung gehen. In so einem Fall muss sich die Bauherrschaft bewusst sein, dass die eigene Planung zwar etwas Honorar spart, gleichzeitig aber den Verzicht auf enormes Planungswissen bedeutet. Auf vielen Gebieten wird dieses Manko schmerzhaft sein, so

  • bei der Bautechnik (Vermeidung von Bauschäden),
  • bei der Vertragsgestaltung (Kenntnis des Werkvertragsrechts),
  • bei der Bauleitung und Rechnungskontrolle.

Risikolos oder gar einfach ist eine Eigenplanung also keineswegs.

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Welche Baumassnahmen lassen sich ohne Architekt durchführen?

Es gibt einige Baumassnahmen, die ohne Architekt funktionieren können. Bei diesen gibt es teils geringe, teils mittlere und teilweise hohe Anforderungen an die Bauherrschaft.

Baumassnahmen mit geringen Anforderungen

  • Renovation eines einzigen Raumes, wie die Neugestaltung von Küche oder Badezimmer
  • Renovationsarbeiten an den Oberflächen (Malerarbeiten, Auswechslung von Bodenbelägen)
  • Einfache Massnahmen an der Gebäudehülle (Ersatz von Fenstern, manche Dämmungen, wie die einer Estrichdecke)
  • Einbau eines Cheminées, falls dies ohne Baubewilligung erlaubt ist (abhängig vom Kanton)

Massnahmen mit mittleren Anforderungen

  • Umbau eines Bauperimeters mit mehreren Räumen und Anpassungen am Grundriss
  • Ersatz von Heizungsanlagen (zwar ohne Architekt, aber nicht ohne andere Fachleute möglich)
  • Einbau einer Schleppgaube in das Dachgeschoss (anspruchsvolle Konzeption bei Einhaltung aller baugesetzlichen Anforderungen)

Hohe Anforderungen

  • Grösserer Umbau inklusive einer erheblichen Grundrissveränderung
  • Umfassende energietechnische Sanierung

Welches bautechnische Wissen ist ohne Mitwirkung des Architekturbüros erforderlich?

Wer ohne Architekt baut, benötigt umfassendes bautechnisches Fachwissen. Es lohnt sich, zwei wichtige Sachgebiete genauer zu betrachten: die Bauphysik und das Energiewesen. Diese sollen nur als Beispiele dienen. Es gibt noch deutlich mehr Bereiche, die viel Know-how erfordern.

Bauphysik

Bauphysikalisches Fachwissen ist unter anderem bei privaten Sanierungsvorhaben erforderlich. Wer etwa neue Fenster einbaut, muss darauf achten, dass die Gebäudehülle hinterher immer noch atmen kann. Ansonsten kommt es zu Schimmel. Zumindest ist vor dem Einbau die Beratung durch einen Experten erforderlich. Das kann ein Fensterbauer sein, der das nötige Wissen und die Erfahrung mitbringt.

Wer den Estrich dämmen möchte, muss darauf achten, dass nicht nach der Dämmung Wasserdampf aus wärmeren Gebäudeteilen in die Dämmung gelangt und dort kondensiert. Die nasse Wärmedämmung würde verrotten. Eine geeignete bauphysikalische Massnahme ist eine Dampfsperre unter der neuen Wärmedämmung. Über Beratungskompetenz verfügen manchmal die Fachberater von Firmen, die Dämmmaterialien liefern.

Energiewesen

In diesem Sachgebiet geht es auch um die Wärmedämmung, aber auch um Heizungsanlagen und dergleichen. Bautechnisches Wissen ist hierfür nützlich bis unerlässlich. In älteren Wohngebäuden realisiert die Bauherrschaft ihre energetische Sanierung meistens etappenweise. Sie benötigt als Fachperson zumindest einen Energieberater, welcher den Sanierungspfad definiert. Dieser kann unter anderem diese Reihenfolge bei den energiebezogenen Sanierungsmassnahmen vorsehen:

  1. Neue Wärmeerzeugung
  2. Verbesserte Wärmedämmung zunächst an der Kellerdecke und am Dach
  3. Verbesserte Wärmedämmung an den Fenstern und an der Fassade

Bei Energieanlagen und bei der Wärmedämmung können Privatleute ohne Fachwissen viel falsch machen. Solche Fehler sind enorm teuer.

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Bauen ohne Baubewilligung?

Manche Massnahmen dürfen ohne Baubewilligung durchgeführt werden. Hierüber muss sich die Bauherrschaft beim lokalen Bauinspektorat informieren. Wenn die Bewilligung erforderlich ist und ein Unternehmer das Baugesuch beantragen muss, ist dieser heranzuziehen, wenn es kein Architekt sein soll.

Die Bauherrschaft kann sich vorab schon informieren, welche Unterlagen einzureichen sind. Private Bauleute müssen sich diese Informationen beschaffen: In einigen Kantonen sind auch unscheinbare Baumassnahmen bewilligungspflichtig. Dabei könnte es sich z.B. um den Einbau eines Schwedenofens oder die Erstellung eines Zauns ab einer gewissen Höhe handeln.

Pläne für das Bauvorhaben

Bei Baumassnahmen ohne Architekt können die bestehenden früheren Baupläne ausreichen, doch manchmal sind neue Pläne zu erstellen. Bei einer Küchensanierung, dem Wechsel von Bodenbelägen, Malerarbeiten, dem Einbau einer Wärmepumpe oder der Einrichtung eines Schwedenofens können die alten Pläne genügen.

Bei aufwendigeren Bauvorhaben bedarf es praktisch immer neuer Pläne. Diese könnte ein Bauzeichner anfertigen, der allerdings auch ein Honorar verlangt. Erforderlich ist dies beispielsweise bei Arbeiten mit Grundrissänderungen (Werkpläne 1:50 sowie relevante Detailpläne) und beim Einbau einer Dachgaube (Detail- und Baugesuchspläne). Die beauftragten Gewerke benötigen die Pläne.

Fazit zum Bauen ohne Architekt

Es ist durchaus möglich, bestimmte Bauvorhaben ohne einen Architekten durchzuführen. Dies verlangt aber häufig bautechnisches Fachwissen der Bauherrschaft, fallweise das Hinzuziehen anderer Fachleute und eine gründliche Vorbereitung. Es ist oft kaum kostengünstiger, allein weil es länger dauert und fehleranfällig ist. Insgesamt übersteigt das Risiko in den meisten Fällen die Kostenersparnis.

Artikelbild: © thefutureis / 123rf.de

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